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: DDR-Geschichte aus erster Hand

Die 10a erlebte am 23.06.2020 eine besondere Geschichtsstunde, die sie so schnell wohl nicht vergessen wird. Der Vater von Marlene aus der Klasse, Dietmar von der Weiden (*1963, geb. Schnaase), besuchte uns im Unterricht und erzählte von seiner bewegenden Vergangenheit in der DDR. Als Oberstufenschüler hatte er mit einem Freund geplant, über die CSSR, Bulgarien, Türkei und Griechenland in die BRD zu flüchten. Jedoch wurden sie bereits an der deutsch-tschechoslowakischen Grenze in Bad Schandau bei einer Kontrolle aufgegriffen und festgenommen. Es folgte der Prozess vor dem Bezirksgericht Potsdam und schließlich wurde er wegen "Vorbereitung zum ungesetzlichen Grenzübertritt" Ende 1981 zu einem Jahr Haft verurteilt wurde. Die gescheiterte Republikflucht hatte auch zur Folge, dass er in der DDR erstmal kein Abitur ablegen konnte. Seine spätere Frau Bianca lernte Herr von der Weiden 1984 in Prag kennen, als sie - Higa-Schülerin (!) - dort auf Klassenfahrt war. Es war Liebe auf den ersten Blick und die beiden versuchten alsbald zu heiraten, was sich durch den Eisernen Vorhang als sehr schwieriges Unterfangen darstellte. Die Staatssicherheit der DDR bespitzelte den "Republikflüchtigen" intensiv (Operativer Vorgang "Herberge"). Dennoch wurden schließlich die Hochzeit und seine beantragte Ausreise nach West-Berlin nach einer Vielzahl von Behördengängen 1986-1987 bewilligt. Hier holte Herr von der Weiden sein Fachabitur nach. Kurze Zeit später verschlug es die beiden zum Studium nach Mainz, Bingen wurde ihr gemeinsamer Lebensmittelpunkt und ist es bis heute geblieben.

Es war ein äußerst interessantes und spannendes Zeitzeugengespräch, in dessen Verlauf Herr von der Weiden auch immer wieder auf konkrete Fragen der Schülerinnen der 10a einging. Sie konnten sich zu Hause intensiv auf die Begegnung vorbereiten, da er im Vorfeld Auszüge aus seiner Stasi-Akte und einen Zeitstrahl über sein turbulentes Leben in den 80er-Jahren zur Verfügung gestellt hatte. Die 45 Minuten Unterrichtszeit vergingen für alle Beteiligten wie im Flug, auch Frau Dr. Müller hatte es sich nicht nehmen lassen, an diesem Gespräch teilzunehmen. Wir bedanken uns herzlich für diese aufregende Reise in die DDR-Vergangenheit!

Johann-Christoph Glöckner